Helden im Hardcover

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 (Foto: Maxi Unger)

Eigentlich sollte ich hier über die typischen Helden in Büchern schreiben, aber die ‚Helden‘ in Büchern sind für mich in vielerlei Hinsicht keine Helden im positiven Sinne. Darum schreibe ich über Protagonisten allgemein, wenn auch zum Großteil auf Fantasy bezogen. Und zum Teil, wann sie in meinen Augen zu Helden werden.


Helden sind für mich nicht die Leute, die typische Heldeneigenschaften haben. Eine riesige Reihe an Sonderfertigkeiten, tollen Fähigkeiten, magischen Schwertern, Amuletten und Prophezeiungen langweilt mich. Das ist, als hätte derjenige ein Schild um den Hals, auf dem ‚Ich gewinne am Ende sowieso‘ steht.


Am allermeisten nervt es mich, wenn Autoren ihren Protagonisten um jeden Preis zum Helden machen wollen, auch wenn das eigentlich total unlogisch ist.
Kommen wir mal zum ersten Punkt, der zu einem der drei nervigsten an ‚Helden‘ gehört. Die anderen Punkte sind Charakter und Vergangenheit, aber dazu später mehr.


Der nervigste Punkt eines Helden in den Büchern heutzutage ist in vielen Fällen das Aussehen. Und ich meine jetzt nicht die Menschen, die einfach wie Menschen aussehen, sondern solche strahlend schönen Protagonisten. Schönheit ist ziemlich überbewertet, und der einzige, für den es meiner Meinung nach wichtig ist, ist der Autor. Wenn ich eine Geschichte lese, dann interessiert es mich nicht im geringsten, wie makellos glatt und gepflegt das Haar des Protas aussieht, wie sich das Licht der untergehenden Sonne in seinen goldbraunen Augen mit hellgrünen Sprenkeln spiegelt und seine Wimpern lange Schatten aufs Gesicht werfen. Wie perfekt sein Körper ist. Wie sauber seine Fingernägel sind etc. etc. Im Ernst, so etwas langweilt mich. Ich will Abenteuer lesen und keine Personenbeschreibungen über hunderttausende Seiten. (Nein, ich sehe dich nicht an, Stephenie Meyer. Wie kommst du  nur auf diesen Gedanken?) Meinetwegen kann es auch ein schöner Protagonist sein, aber dann sollen doch um Himmels Willen nicht alle deswegen verzückt sein und ihm 24 Stunden am Tag die Füße küssen. Sowas ist unrealistisch und langweilig.


Mal davon abgesehen gibt es keine hübschen Menschen. Es gibt Menschen, die in den Augen anderer Menschen gut aussehen, aber niemand kann von der gesamten Welt als hübsch befunden werden. Liegt schon an den unterschiedlichen Kulturen und Auffassungen von Schönheit.


So, der zweite Punkt – der Charakter. Ich kenne viele gut ausgearbeitete Charaktere mit interessanter Persönlichkeit, Stärken, Schwächen und nachvollziehbaren Handlungen. Und es gibt Charaktere, die sind das genaue Gegenteil davon. Greif dir ein beliebiges Buch aus der Sparte der paranormalen Romanzen, und du weißt, was ich meine.


Es gibt Charaktere, die haben weder Stärken noch Schwächen. Sie sind einfach da, werden für ihre Existenz bewundert und handeln immer auf die Art und Weise, wie es der Autor gerade braucht, um den Plot weiterzubringen. Kennt ihr Zoey aus der House-of-Night-Reihe? Sie hat nichts, was sie ausmacht, und handelt einfach so, wie es gerade für die Situation erforderlich ist. Trotzdem lieben sie alle und bewundern sie für ihre Schönheit. Von solchen Leuten spreche ich.


Genauso schlimm wie Charaktere ganz ohne Schwächen sind Charaktere mit Pseudo-Schwächen wie... ähm... Tollpatschigkeit. Warum ich darauf komme? Zufall.


Charaktere können tollpatschig sein, aber wenn alle das niedlich finden und nicht nervig, dann ist das keine Schwäche mehr.
Wenn ein Charakter egoistisch ist, aber alle es ihm durchgehen lassen und sich keiner darüber aufregt, dann ist das keine Schwäche mehr.
Wenn ein Charakter sich regelmäßig wie ein Arschloch benimmt, aber alle lachen nur und kommen mit: „Ach, das ist unsere ...“, dann ist das – Okay, ihr solltet inzwischen wissen, worauf ich hinaus will.


Flüche und Ähnliches sind übrigens auch keine Schwächen. Besonders keine ‚Ich kann mich in einen gefährlichen Werwolf verwandeln und habe in meiner Menschengestalt ungeheure Muskeln. O Gott, das ruiniert mir mein ganzes Leben!‘-Flüche. (Nein, Stephenie Meyer, ich sehe dich schon wieder nicht an.) Schwächen sind etwas, was man überwinden muss.


Und warum braucht ein Charakter Schwächen? Solche Charaktere sind dann menschlicher, und menschlich heißt sympathich. Als Leser kann man sich besser in sie einfühlen und mitfiebern.


Für Stärken gilt übrigens dasselbe. Der Charakter allgemein sollte auch ausgearbeitet sein. Ich möchte auch keine Stereotypen. Nur kalt, nur belesen, nur gutmütig ist langweilig. Menschen sind facettenreich und die in Büchern sollten es auch sein. Ausgefallene Hobbys sind toll. Neurosen, Spleens und Macken sind toll. Verrückte Gedankengänge sind toll. Ich schätze, man sieht, was ich meine.


Kommen wir zuletzt zu einem Punkt, der mich genauso manchmal aufregt: die Vergangenheit. Warum ist es bei so vielen Figuren so bedeutsam, dass sie eine schreckliche Vergangenheit haben? Kann es nicht mal um jemanden gehen, dessen Familie nicht von mutierten Riesenmeerschweinen getötet und vor seinen eigenen Augen aufgefressen wurde? Und warum zum Teufel wollen manche Autoren sowas als Schwäche durchgehen lassen?


Ich toleriere so eine Vergangenheit bei Figuren, die einem nicht die ganze Zeit die Ohren damit volljammern, zum Beispiel bei Harry Potter. Dessen Verwandte sind schlimm, aber er verkriecht sich deswegen nicht gleich in seiner Emo-Ecke und heult, wie gemein das Leben doch ist. Andere Figuren dagegen betteln bei ihrer Vergangenheitsbeschreibung geradezu um Mitleid. Das sind dann meistens die Figuren, die in ihrer Kindheit zigmal vergewaltigt wurden, aber gleich mit dem ersten unheimlichen Vampir in die Kiste springen, der in ihr Fenster hereinspannt. Und, als wäre das nicht genug, heilt das Zusammenleben mit ihrem Supermann auch gleich mal alle Wunden aus der traumatischen Vergangenheit. Merkt ihr was? Ja, wir sind wieder bei den paranormalen Romanzen angekommen.


Und zuletzt die Namen. Ich mag es nicht, wenn Autoren schon beim Namen versuchen, uns zu verklickern, wie besonders ihre Figuren doch sind. Oder welche Rolle sie in der Geschichte spielen werden. (Hmm, ob ein Mädchen namens Isabella Swan wohl hübsch sein wird? Oder eine Dolores Umbridge in irgendeiner Art und Weise böse?) Besonders in den High-Fantasy Büchern finde ich immer wieder Namen, bei denen ich mich frage, ob der Autor da gerade seinen Kopf über die Tastatur gerollt hat.


Also, um es noch einmal zusammenzufassen- Helden sind für mich diejenigen, die sich überwinden müssen, um ihre Ziele zu erreichen. Sie sollten gut ausgearbeitet sein und so lebendig, dass ich mir vorstellen könnte, sie würden neben mir im Bus sitzen. Und dabei können sie dann so viele Fehler haben, wie sie wollen, ich würde sie trotzdem als Helden bezeichnen. Ich könnte viele Beispiele hierfür nennen, aber ich denke, ein gutes Beispiel ist ganz einfach Harry Potter. (Trotz seiner vielfach erwähnten smaragdgrünen Augen) Ihr selbst werdet sicherlich noch genug andere kennen.
Jeder, der alles in den Schoß geworfen bekommt, bewundert wird und von Anfang an langweilt, weil er es eh schaffen wird, ist kein Held für mich. In den meisten Fällen ist er auch einfach unrealistisch.

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