Doktorleben, Patienten und Krankheiten

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Paul Freudenberg im Interview mit Herrn Dr.Wähner (Foto: Paul Freudenberg)
Paul Freudenberg im Interview mit Herrn Dr.Wähner

Was war das Verrückteste, was Sie in ihrem Doktorleben erlebt haben?
Wenn Drohbriefe kommen, „Bringen sie mir alles das wieder, was Sie gestohlen haben“, und es war nur eine verdrehte Oma. Die Patientin habe ich schon einige Jahre im Hausbesuch betreut und nie damit gerechnet, dass so eine Situation auftritt, weil sie immer sehr gut mitgemacht hat und plötzlich kam dieses Schreiben.


Haben Sie etwas Aufregendes in ihrem Studium erlebt?
Ja, man sah wie Kinder, den man nicht mehr helfen konnte, sterben mussten und das hat einen schon sehr beeindruckt und mitgenommen. Das war in der Kinderklinik in Bautzen. Wir haben im Studium viele Krankenhäuser besucht und unter anderem auch die Kinderklinik in Bautzen.


Was finden sie interessanter? Die Arbeit als Dorfarzt oder Stadtarzt?
Für mich ist der Landarzt interessanter, weil man dort nicht jeden Facharzt gleich in der Nähe hat, sondern man muss sich mit vielen befassen, um eine richtige Grundversorgung zu gewährleisten.


Was denken Sie, können Sie die Erwartungen der Patienten erfüllen?
Das weiß ich genau, dass ich das nicht kann, weil die Medizin Grenzen hat, wie jeder Mensch Grenzen hat. Aber schon der Versuch zu helfen beziehungsweise den Patienten Wegweiser zu sein, wie er sich auch gesundheitlich verbessern kann, das ist wichtig.


Ist es schwieriger Verwandte zu behandeln oder normale Patienten?
Verwandte sind immer schwer zu behandeln, weil man mehr befangen sein kann, man sollte eigentlich Verwandte zu einem andern Arzt schicken. Weil die Droge verwandter Arzt anders wirkt, als wenn es ein fremder ist.


Würden Sie sich auch von Kollegen behandeln lassen oder behandeln Sie sich lieber selbst?
Das kommt drauf an, welche Krankheit oder welche Beschwerden bestehen. Manches kann man selber nicht behandeln, da braucht man Geräte oder andere Hilfe. Bei einer Lungenentzündung, die man im Röntgenbild sieht, braucht man die Hilfe des Radiologen. Bei Bagatellkrankheiten behandel ich mich selber.


Haben Sie schon einmal wirklich ein Leben gerettet?
Ja, das war schon, wo ein Patient klinisch tot war und durch meine Wiederbelebung wieder soweit zu Bewusstsein kam und im Krankenhaus wieder aufgepeppelt worden ist. Danach hat man gemsichte Gefühle: einerseits hat man geholfen, anderseits kommt oft auch mal ein Pflegefall in so einem Zustand raus, wo man nicht weiß, ob der Patient dankbar sein soll, das man ihn gerettet hat, wenn es um einen älteren Patienten geht.


Ist „Husten“ wirklich so gefährlich, dass man deswegen  so einen riesigen Aufwand machen muss?
Die Mehrzahl der Hustenfälle ist harmlos, es kann aber auch etwas anderes sein. Aber zuerst gilt immer: was am meisten auftritt, wird zuerst behandelt und wenn der Husten nach drei Wochen nicht nachlässt muss weiter geforscht werden.


Was war das Peinlichste, was Sie in ihrem Doktor sein erlebt haben?
Wo eine Patientin zu Hause erzählt hat: „Der Doktor Wähner hat mich so genau untersucht, dass er sogar einen Vibrator benutzt hat.“ In dem Falle war es eine Stimmgabel, um die Gefühlsnerven am Bein der Patientin zu kontrollieren. Die Patientin hat aus der Stimmgabel einen Vibrator gemacht.


Was war das Thema in Ihrer Doktorarbeit?
Vergleichende Beachtung in der Bildanalyse bei Nierenkrankheiten, die Anwendung eines Computers zur Auswertung von histologischen Schnitten. Ich habe für die Doktorarbeit von 1980 bis 1982 gebraucht.


Welche Krankheit behandeln Sie am liebsten?
Es gibt keine Krankheit, eine einzelne Krankheit in der Grundversorgung, als Landarzt muss man alles gern behandeln.


Welche Krankheit behandeln Sie überhaupt nicht gern?
Man muss alle erst einmal versuchen zu behandeln und dann überweise ich an Fachärzte, die kompetenter sind.
Zum Beispiel: bei Frauenkrankheiten an die Frauenärzte, bei Augenkrankheiten an die Augenärzte. Von den Spezialkrankheiten hat man dann nicht mehr das Spezialwissen und gibt es dann an die Spezialeinrichtungen ab.


Ist Arzt für Sie ein heldenhafter Beruf?
Es gibt in jedem Beruf Helden und nur Arzt ist kein heldenhafter Beruf, Arzt ist ein schöner Beruf, aber nicht heldenhaft. Ich denke, jeder muss sich in seinem Beruf Mühe geben, um ein Held zu sein und nicht nur der Arzt ist das.


Mit welchen Gefühl kommen Sie jeden Tag in die Praxis?
Es ist schön, dass ich diesen Beruf ausüben kann und mal sehen, was mich heute erwartet, kein Tag ist gleich. Jeder Tag ist anders. Es ist wichtig, dass man eine gute Berufserfahrung hat, dann braucht man auch keine Angst zu haben. Deswegen freue ich mich jeden Tag.

 



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